Produktkalkulation und Produktkostenkalkulation: Grundlagen, Vorgehen, Varianten und Tipps

Eine korrekte Produktkalkulation bzw. eine Produktkostenkalkulation schafft Kostentransparenz und ermöglicht es, optimale Verkaufspreise zu definieren. Sie zeigt außerdem Kostensenkungs- und Margenpotenziale auf. In der Praxis werden Kosten oftmals jedoch nur grob geschätzt. Auch die Festsetzung von Preisen folgt nicht immer einer systematischen Kalkulationsstruktur. Hierdurch bleiben nicht nur Chancen ungenutzt. Grundsätzliche Fehler führen teils sogar zu Verlusten. Aus all diesen Gründen ist eine umfassende, systematische Kalkulation zwingend erforderlich.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Preise richtig kalkuliert werden und welche Fehler vermieden werden sollten. Herstellkosten, Selbstkosten und die Einkaufspreise jedes einzelnen in Stücklisten aufgeführten Einzelteils sind die Basis einer jeden Kalkulationsstruktur. Sie müssen in jeder Produktkalkulation gesondert betrachtet werden.

Was ist eine Produktkostenkalkulation?

Der Begriff „Produktkalkulation“ oder Produktkostenkalkulation beschreibt ein betriebswirtschaftliches Verfahren zur Zusammenfassung von Kosteninformationen eines Produkts (Kostenträgers). Sie ermöglicht es also, die Kosten einzelner Einheiten von hergestellten und verkauften Produkten zu ermitteln. Häufig wird daher auch das Synonym Kostenträgerstückrechnung verwendet. Zudem ist die Kalkulation unerlässlich für die Preisfindung bei neuen Produkten. Existieren bereits Marktpreise, so kann mithilfe der Kalkulation überprüft werden, inwiefern ein Produkt überhaupt kostendeckend bzw. gewinnbringend verkauft werden kann.

Insbesondere junge Unternehmen übersehen bei der Produktkalkulation oftmals wichtige Faktoren, was sich über kurz oder lang existenzbedrohend auswirken kann. So muss es aufgrund der Preisgestaltung insgesamt möglich sein, nicht nur die Einzelkosten eines Produkts, sondern auch die Gemeinkosten des Unternehmens zu decken und einen angemessenen Gewinn zu realisieren. Befassen wir uns daher zunächst mit der Frage, welche grundlegenden Faktoren bei der Preiskalkulation bzw. der allgemeinen Kalkulation beachtet werden müssen.

Die Kalkulation richtiger Preise

Wer neue Produkte auf den Markt bringt, muss bei der Produktkalkulation und den Produktkosten zahlreiche Faktoren beachten. Es reicht bei Weitem nicht aus, lediglich alle anfallenden Produktkosten anhand von Stücklisten mit Hilfe von Excel zu addieren und einen bestimmten Faktor als Gewinn aufzuschlagen. Ist der Preis zu niedrig angesetzt, entgeht dem Unternehmen Gewinn, denn Kunden wären möglicherweise bereit gewesen, deutlich mehr für das Produkt zu zahlen. Bei zu hohen Preisen entstehen hingegen Ladenhüter. Fassen wir zusammen, so muss ein Preis folgende Anforderungen erfüllen:

  • Er muss alle Kosten decken
  • Er muss konkurrenzfähig sein
  • Er muss Kunden zum Kauf animieren
  • Er muss eine angemessene Gewinnspanne ermöglichen

Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, empfiehlt sich ein Vorgehen in mehreren Schritten, welches wir nachfolgend skizzieren möchten.

Schritt 1: Preisbereitschaft der Zielgruppe bereits im Vorfeld ermitteln

Überlegungen zur Preisgestaltung dürfen nicht erst stattfinden, wenn ein Produkt bereits fertig ist. Schon in der Entwicklungsphase muss die Produktkalkulation stattfinden, um bereits in dieser frühen Phase beurteilen zu können, ob sich mit dem Produkt und den entsprechenden Produktkosten in Zukunft überhaupt Geld verdienen lässt. Schätzungen allein sind nicht ausreichend, um genug Aussagekraft zu erhalten. Deutlich sinnvoller ist es, die Preisbereitschaft potenzieller Käufer möglichst genau zu ermitteln. Größere Unternehmen greifen hierfür auf professionellen Dienstleister und Marktforschungsmethoden zurück. KMU und junge Unternehmen, die für solche Maßnahmen kein Budget haben, können Kunden in Eigenregie befragen. Mögliche Formulierungen sind:

  • Ist dieses Produkt interessant für Sie?
  • Was finden Sie an diesem Produkt gut?
  • Würden Sie es für einen Preis von X Euro kaufen?
  • Warum würden Sie es zu diesem Preis kaufen bzw. warum nicht?

Schritt 2: Produktkosten korrekt ermitteln

Die zweitwichtigste Größe neben der Preisbereitschaft der Käufer sind die entstehenden Kosten. Unternehmen müssen in der Lage sein, diese im Controlling genau aufzuschlüsseln, um einen exakten Selbstkostenpreis zu ermitteln. Hierbei müssen grundsätzlich zwei Kostenarten unterschieden werden:

  • Einzelkosten: Diese können einem Produkt direkt zugeordnet werden
  • Gemeinkosten: Diese müssen anteilig auf sämtliche Produkte umgelegt werden, da sie nicht direkt zugeordnet werden können

Schritt 3: Gewinnspanne richtig ermitteln

Insbesondere bei neuen Produkten orientieren sich Unternehmen bei ihrer Produktkalkulation oftmals an branchenüblichen Margen. Es werden also zunächst sämtliche Kosten addiert, dann wird ein branchenüblicher Aufschlag hinzugerechnet. Auf diese Weise lässt sich oftmals jedoch nicht das volle Gewinnpotenzial ausschöpfen. Es empfiehlt sich vielmehr, umgekehrt vorzugehen. Sehen wir uns ein vereinfachtes Beispiel an, um dies deutlich zu machen:

Ein Unternehmer hat ein Produkt entwickelt und weiß, wie hoch die Gesamtkosten (Produktkosten) sind. Sie belaufen sich auf 50 Euro. Der branchenübliche Gewinnaufschlag beträgt 100 Prozent. Folgt der Unternehmer dem Branchendurchschnitt, so würde er den Verkaufspreis also bei 100 Euro (50 Euro Kosten + 50 Euro Gewinn) ansetzen. Die Kunden sind bereit, diesen Preis zu zahlen.

Stellen wir uns nun vor, der Unternehmer würde seine Produktion optimieren, wodurch seine Kosten auf 25 Euro pro Stück sinken. Würde er in diesem Fall erneut den branchenüblichen Aufschlag (100 Prozent) ansetzen, würde der Verkaufspreis nur noch 50 Euro betragen. Er müsste also seinen Preis senken, obwohl die Kunden durchaus den Ursprungspreis zahlen würden.

Was sind die Fallstricke der Produktkalkulation?

Im Rahmen der Produktkalkulation werden immer wieder eine Reihe typischer Fehler begangen. So wird oftmals die Nachfrage überschätzt. Geringere Stückzahlen führen jedoch dazu, dass sich die Gemeinkosten auf weniger Einheiten verteilen. Hierdurch rutscht das Produkt ab einem bestimmten Punkt in die Verlustzone. Abhilfe schafft hier, Absatzmengen möglichst realistisch und eher konservativ zu schätzen.

Ein weiterer Controlling-Fehler ist es, Marktrisiken in der Produktkalkulation unberücksichtigt zu lassen. Zu diesen Risiken zählen beispielsweise Forderungsausfälle oder neue Wettbewerber, die preislich aggressiv auftreten, wodurch die eigenen Rabatte erhöht werden müssen.

Ein weiterer Fallstrick ist es, sich bei der Preisgestaltung zu sehr von den eigenen Kosten leiten zu lassen. Auch der Kundennutzen muss im Fokus behalten werden, um das Produkt nicht zu günstig anzubieten. Natürlich dürfen Produkte andererseits nicht zu teuer sein. Diese Situation kann unter anderem entstehen, wenn ein Produkt mit zu vielen Funktionalitäten ausgestattet wurde. In diese Falle tappen insbesondere innovations- und technikgetriebene Unternehmen. Die hohe Anzahl an Features führt zu einem Preis, den der Kunde nicht mehr zahlen möchte. Hier kann es sinnvoll sein, das Produkt in seiner Grundausstattung abzuspecken und weitere Features als Zusatzoption anzubieten.

Einer der bedeutsamsten Fallstricke in der Produktkalkulation ist jedoch eine unstrukturierte Vorgehensweise bzw. eine subjektive Preisfestsetzung. Sehen wir uns daher an, welche Berechnungsmodelle existieren und wie diese zu einer objektiven Kalkulation beitragen.

Welche Berechnungsmodelle der Produktkalkulation gibt es?

Es existieren mehrere Methoden der Produktkalkulation. Welche Kalkulationsstruktur im Rahmen des Controllings sinnvoll ist, hängt von mehreren Faktoren ab. So nutzen Produktionsbetriebe beispielsweise andere Kalkulationsmodelle als Handelsunternehmen. Ebenso nutzen Unternehmen mit breiten Sortimenten einen anderen Ansatz als Betriebe, die nur wenige gleichartige Erzeugnisse anbieten. Im Wesentlichen können folgende Verfahren unterschieden werden:

  • Divisionskalkulation: Bei homogenen und geringfügig differierenden Produkten
  • Äquivalenzziffernkalkulation: Produkte besitzen ähnliche Eigenschaften und die Kostenstruktur kann durch einfaches Verhältnis ausgedrückt werden
  • Zuschlagskalkulation: Bei heterogenem Produktportfolio
  • Kuppelkalkulation: Kalkulationsverfahren, das bei Produktionsprozessen Anwendung findet, bei denen aus verfahrenstechnischen Gründen zwangsläufig verschiedene Produkte (Kuppelprodukte) entstehen

Zudem ist eine Unterscheidung hinsichtlich des Zeitpunkts möglich:

  • Vorkalkulation: Kalkulation vor der Leistungserstellung, insbesondere in der Einzelfertigung für die Angebotskalkulation relevant
  • Nachkalkulation: Dient dem Abgleich mit der Vorkalkulation, um Kalkulationsfehler in Zukunft zu vermeiden

Divisionskalkulation

Bei der Divisionskalkulation handelt es sich um die einfachste Kalkulationsstruktur der Kostenträgerrechnung. Sie ist für Unternehmen geeignet, die ausschließlich eine Produktart oder Produkte mit gleichartiger Kostenverursachung herstellen. In der einfachsten Anwendungsform (einstufige Divisionskalkulation) werden lediglich die Gesamtkosten durch die hergestellte Menge geteilt. Es existieren jedoch auch mehrstufige Berechnungsvarianten, in denen unterschiedliche Produktionsstufen berücksichtigt werden können. Hier ist es außerdem möglich, Vertriebs- und Verwaltungskosten abzugrenzen.

Im Allgemeinen werden die Gesamtkosten bei der Divisionskalkulation nach Materialkosten, Fertigungskosten, Verwaltungskosten und Vertriebskosten differenziert. Wenn sich Absatzmenge und Herstellungsmenge im Controlling nicht decken, so müssen sich die Verwaltungskosten und Vertriebskosten auf die abgesetzte Menge beziehen.

Äquivalenzziffernkalkulation

Die Kalkulation mit Äquivalenzziffern ist eine erweiterte Variante der Divisionskalkulation. Sie lässt sich anwenden, wenn ähnliche Produkte hergestellt werden, deren Kosten ein konstantes Verhältnis zueinander aufweisen. Dies könnten beispielsweise Bleche in verschiedenen Stärken oder Schrauben mit unterschiedlichen Längen sein.

Die Äquivalenzziffern (auch Verhältniszahlen genannt) werden genutzt, um die Kostenunterschiede zwischen den Erzeugnisvarianten abzubilden. Hierdurch kann die Produktkalkulation mit einer einfachen Divisionsrechnung durchgeführt werden. Die Definition der Äquivalenzziffern ist in der Praxis schwierig. Als Anhaltspunkte können sowohl qualitative als auch quantitative Eigenschaften des Produkts oder seiner Herstellung herangezogen werden. Bei Blech könnte beispielsweise das Merkmal „Materialstärke“ zur Ermittlung der Äquivalenzziffern genutzt werden. Ein Blech mit der Stärke 1 mm kann als Basissorte (Äquivalenzziffer = 1) dienen. Ein Blech mit 2 mm Stärke würde die Äquivalenzziffer 2 erhalten.

Zuschlagskalkulation

Die Zuschlagskalkulation ist für Betriebe mit komplexem Produktportfolio geeignet und daher auch die gängigste Kalkulationsstruktur. Sie unterscheidet zwischen Einzelkosten und Gemeinkosten. So ist es möglich, die Einzelkosten einem Erzeugnis direkt zuzurechnen, während die Gemeinkosten über Zuschlagssätze ermittelt werden, die auf Vergangenheitswerten basieren. Stehen diese prozentualen Zuschlagssätze einmal fest, so können sie sowohl für die Einzelkalkulation als auch für die Angebotskalkulation genutzt werden. Folgende Kostenarten fließen bei Produktionsbetrieben in die Zuschlagskalkulation ein:

  • Materialeinzelkosten: Materialeinsatz, bewertet zum Einstandspreis
  • Materialgemeinkosten: z.B. Kosten der Lagerung und Beschaffung
  • Fertigungseinzelkosten: Fertigungslöhne
  • Fertigungsgemeinkosten: Nicht materialbezogene Ressourcen, z.B. Energie, Hilfs- und Betriebsstoffe
  • Verwaltungsgemeinkosten
  • Vertriebsgemeinkosten

Werden all diese Kosten addiert, so ergeben sich die sogenannten Selbstkosten. Um den Verkaufspreis zu erhalten, muss nun noch ein definierter Zuschlagssatz für den Gewinn hinzugerechnet werden.

Kuppelkalkulation

Im Rahmen der sogenannten Kuppelproduktion entstehen innerhalb eines simultanen Produktionsprozesses zwangsläufig weitere Produkte unterschiedlicher Beschaffenheit. Häufig wird zwischen einem Hauptprodukt und Teilprodukten (Nebenprodukten, Abfällen) unterschieden. Die Problematik besteht darin, dass die anfallenden variablen Gemeinkosten nicht nach dem Verursacherprinzip oder dem Identitätsprinzip auf Teilprodukte aufgeteilt werden können. Erst die Kosten der Weiterverarbeitung lassen sich kostenträgerbezogen erfassen. Es haben sich daher zwei Verfahren der Kuppelkalkulation etabliert:

  • Restwertmethode: Kosten des Inputs werden auf das Hauptprodukt umgelegt, Wert der Nebenprodukte wird abgezogen, Restwert entspricht dem Wert des Hauptprodukts
  • Verteilungsmethode: Wird angewandt, wenn mehrere Hauptprodukte vorliegen; Zur Verteilung werden Merkmale der Teilprodukte herangezogen (z.B. Marktpreis); Methodik entspricht der Äquivalenzziffernrechnung

Vorkalkulation

Die Vorkalkulation wird meist für Produkte genutzt, die sich noch nicht in der Herstellung befinden (Herstellkosten). Oftmals dient sie der Angebotserstellung. Somit bezieht sie sich stets auf einen Fertigungsauftrag oder eine definierte Leistungseinheit. Die Basis sämtlicher Berechnungen ist der Betriebsabrechnungsbogen (BAB). Um die Angebotskalkulation zu vervollständigen, müssen außerdem Zuschlagssätze für Gewinn, Rabatt, Skonto und Provisionen hinzukommen.

Nachkalkulation

Die Nachkalkulation erfüllt den Zweck der Kostenermittlung und Kostenkontrolle. Sie ermöglicht es, abgeschlossene Fertigungsaufträge und allgemeine Grundlagen der Produktkalkulation zu überprüfen. Bei Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Kosten sollten die Ursachen ermittelt werden, sodass die Angebotskalkulation in Zukunft noch exakter ausfällt.

Welche Produkte kann man schätzen und kalkulieren lassen?

Es besteht die Möglichkeit, die Produktkalkulation bzw. Kostenschätzung (Herstellkosten) durch externe Spezialisten und Dienstleister durchführen zu lassen. Insbesondere bei Innovationen und geringen Erfahrungswerten kann dieses Vorgehen sinnvoll sein. Schätzungen und Detailkalkulationen durch Experten eignen sich beispielsweise für mechanische und elektronische Hardwareprodukte sowie für Software.

Damit die Kosten von Produkten geschätzt oder kalkuliert werden können, sind mehrere Informationen erforderlich. Hierzu zählen der Projekttyp, die Qualität, das Einsatzgebiet, die gewünschte Detailtiefe, die Los- und Prozessgröße sowie das Herstellungsland. Optional können eine Artikelstückliste, ein Projektstrukturplan oder Dokumente wie Grafiken und technische Zeichnungen mitgeliefert werden.

Erfolgreich kalkulieren mit 4cost

Standardisierte Produktkostenkalkulation mit 4cost

Die Software- und Service-Lösungen von 4cost verhelfen Ihnen zu maximaler Kostentransparenz in jeder Phase. Für mehr Kostenkontrolle und eine gesteigerte Rentabilität.

Fragen Sie jetzt eine unverbindliche Präsentation an. Gerne erörtern Ihnen unsere Experten die passenden Lösungen für Ihr Unternehmen.